Resilienz: Innerlich stark und widerstandsfähig

Resilienz wird oft als das seelische Immunsystem bezeichnet, es ist die seelische Kraft, die Menschen dazu befähigt, sich trotz gravierender Belastungen oder widriger Lebensumstände sich psychisch gesund zu entwickeln.

Die Fähigkeit, auf herausfordernde und belastende Lebenssituationen flexibel zu reagieren, faszinierte den amerikanischen Psychologen Jack Block von der Berkeley University in Kalifornien bereits in den 1950er Jahren und er war es, der den Begriff aus der Physik einführte, um dieses „Stehaufmännchen-Phänomen“ zu beschreiben.

Das Wort stammt vom lateinischen „resiliere“ und bedeutet „zurückspringen“ oder „abprallen“. In der Werkstoffkunde bezeichnet es hoch elastische Materialien, die trotz extremer Belastungen immer wieder in ihren ursprünglichen Zustand zurückkehren. Man kann dieses Material biegen, quetschen und darauf einschlagen – schon nach kurzer Zeit nimmt es wieder seine alte Form an. So ähnlich scheint es um die Psyche mancher Menschen bestellt zu sein: Weder schwierige Lebensumstände noch Schicksalsschläge können sie aus der Bahn werfen. Die seelische Robustheit anderer gleicht hingegen eher einem Bleistift, der zerbricht, sobald man zu viel Druck auf ihn ausübt.

Häufig wird dieser Begriff mit der US-amerikanischen Forscherin Emmy Werner und dem ihrer Kollegin Ruth Smith verbunden. Werner legte 1971 eine Studie über die Kinder der Insel Kauai vor, die als eine der Pionierstudien zum Thema Resilienz gilt. Außerdem ist sie eine der ersten Längsstudien in diesem Ausmaß. Im Rahmen dieser wurden fast 700 Kinder eines Jahrgangs aus schwierigen Verhältnissen von ihrer Geburt an über 40 Jahre beobachtet und getestet. Ein Drittel dieser Kinder wuchs trotz erschwerter Bedingungen zu lebenstüchtigen Erwachsenen heran, wobei die Resilienz sich im Zeitablauf und unter verschiedenen Umweltbedingungen veränderte. Werner zog daraus den Schluss, dass Resilienz erlernbar ist. Ihre Studie war jedoch nicht die erste zum Thema Resilienz. Sie selbst macht in ihrem Buch „The children of Kauai“ bereits auf andere Studien zum gleichen Thema aufmerksam.

Norman Garmezy wird oft als „Großvater der Resilienztheorie“ bezeichnet, weil er in den 1960er Jahren entdeckte, dass sich viele Kinder schizophrener Eltern zu erfolgreichen, glücklichen Erwachsenen entwickelten. Seine engste Mitarbeiterin Ann Masten führte an der Universität von Minnesota Garmezys Arbeit weiter. Masten bezeichnet Resilienz als „gewöhnliche Magie“ und sagt: „Wir sind in einem Maß reprogrammierbar, wie es sich die Resilienzpioniere nicht einmal vorstellen konnten. Wir sind dynamische Systeme; wir können uns verändern.“

Ein weiterer Pionier ist Glen Elder. Elder machte darauf aufmerksam, dass bestimmte kulturelle Faktoren die Resilienz fördern. In diesem Zusammenhang ist das Aufwachsen der Kinder und Jugendlichen in unserer sich so schnell wandelnden Welt, die immer weniger in eine Kultur „eingebettet“ ist und zunehmend „unlesbarer“ wird, eine große Herausforderung, die Resilienz in hohem Ausmaß erfordert.

Resilienz bezieht sich also nicht alleine auf die Abwesenheit von psychischen Störungen, sondern schließt den Erwerb bzw. Erhalt altersangemessener Fähigkeiten mit ein. Resilienz ist wie ein seelisches Immunsystem, nicht angeboren, sondern ein dynamischer Anpassungs- und Entwicklungsprozess. Resilienz ist eine variable Größe, multidimensional und situationsabhängig. Resilienz umfasst nach heutigen Erkenntnissen ein hochkomplexes Zusammenspiel sowohl aus Merkmalen des Kindes also auch aus seiner Lebensumwelt. Diese Fähigkeit beschreibt eine Haltung innerer Stabilität, eine positive Grundhaltung, die Menschen in die Lage versetzt, an Leidenserfahrungen und Konflikten zu wachsen, statt sich in den damit verbundenen Emotionen festzulaufen und damit ihre Lebensqualität noch weiter einzuschränken.

In der Regel erfolgt bereits nach verhältnismäßig kurzer Zeit ein Perspektivenwechsel: entweder wird die Situation neu interpretiert oder der Fokus verlagert sich auf andere, positive Lebensbereiche.

Befragt man diese Personen nach ihrer problematischen Erfahrung, werden häufig positive Seiteneffekte oder durch das einschneidende Ereignis verursachte Lernmöglichkeiten mit erwähnt. In besonders schwierigen Lebenssituationen suchen Personen mit hoher Resilienz aktiv professionelle Hilfe, um baldmöglichst wieder auf die Beine zu kommen, statt sich einer womöglich chronisch belastenden Situation auszusetzen.
In der kulturübergreifenden Forschung wurde beobachtet, dass Resilienz eine Fähigkeit ist, die nicht durch die individuelle Person allein erklärt werden kann. „Gute“ Familien, Schulen, eine „gesunde“ soziale Umgebung und faire gesellschaftliche Bedingungen helfen dabei, die entsprechenden Fähigkeiten zu entwickeln, und jüngere Menschen haben diese eher als ältere. Ebenso existieren entsprechende Risikofaktoren: etwa frühe psychische oder körperliche Gewalterfahrungen, psychische Leiden enger Bezugspersonen sowie diverse kulturelle Faktoren.

Lesen Sie dazu auch die Unterlagen zum Seminar „Resilienz im Frühkindalter“, das ich für Kindergärtnerinnen gehalten habe.

Mit diesem Resilienztest können SIe Ihre Resilienz prüfen.

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